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Facebook – ist die Social Community das zweite Second Life?

Mann mit FernglasErinnern Sie sich noch an das Online-Portal Second Life?

Was für ein Hype wurde damals (2005) um dieses Portal gemacht. Alle wollten rein, selbst die ganz großen Konzerne. Jedoch gab  es schnell Probleme bei Second Life. „Der geplatzte Traum vom zweiten Leben“, so betitelte die Süddeutsche Zeitung in Ihrer Onlineausgabe vom 02.04.2007 einen Artikel über „FBI-Ermittlungen, wenig Publikum, unzufriedene Firmen: Die Probleme des kalifornischen Software-Genies Philip Rosedale bei seiner Schöpfung Second Life häufen sich. “

Schließlich war der Traum vom zweiten Leben in einer virtuellen Welt ausgeträumt. Second Life wurde nicht zum „The next big thing“, zum neuen Internetboom.

Haben Sie nochmal jemals etwas über Second Life in den Medien wahrgenommen? Genau, ich auch nicht.

Kann es sein, dass das Schicksal von Facebook eine ähnliche Entwicklung nimmt?

Der Hype um Facebook erinnert auch ein wenig an an die Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende. Wir alle wissen, wie das ausgegangen ist.

Fakt ist, dass viele Menschen sich gerne untereinander austauschen. Dazu bietet Facebook sicherlich eine geeignete Plattform.

Fakt ist aber auch, dass Facebook unter marketingtechnischen Gesichtspunkten meines Erachtens eindeutig überschätzt wird. Das Zauberwort „Social Media“ ist in aller Munde und kaum ein Marketing-Verantwortlicher kann sich diesem angeblichen Zauber entziehen.

Die Folge ist, dass uns immer mehr selbsternannte Social Media Experten weis machen wollen, dass man unbedingt bei Facebook dabei sein muss, will man nicht Gefahr laufen, ein Außenstehender zu sein und von der eigenen Zielgruppe nicht mehr wahrgenommen zu werden.

Die Wahrheit liegt wahrscheinlich, wie so oft im Leben, irgendwo in der Mitte.

 

Kursverlauf der Facebook Aktie

Kursverlauf Facebook Aktie

© - siehe Bildnachweise

 

Betrachtet man den Kursverlauf der Facebook-Aktie seit dem Börsenstart, so könnte man schnell zu der Meinung kommen, Facebook sei ebenfalls eine Luftnummer.

Marktwert fernab der Realität„, so lautet eine Schlagzeile der Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau vom 15.05.2012. Mit einem KGV (Kurs-Gewinn-Verhältnis) von rund 100 ist Facebook wohl tatsächlich total überbewertet worden und hier mußte zwangsläufig eine Korrektur erfolgen. Zum Vergleich: Der Marktwert des Konkurrenten Google ist nur 22 Mal so hoch wie der Jahresgewinn.

Die Frage ist: Kann aus Facebook ein zweites Microsoft oder Apple werden und werden wir uns in 10 oder 15 Jahren schwarz ärgern, damals nicht eingestiegen zu sein?

Ich denke schon, dass Facebook das Potential dazu hat, denn aktuell rund 900 Millionen Mitglieder sind schon eine Hausnummer und da ist noch viel Luft nach oben.

Doch die Zahl der Mitglieder ist zwar beeindruckend, aber letzten Endes kein Garant für dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg. Und genau da hat Facebook offenbar Probleme.

Mit dem Börsengang hat das Unternehmen jedermann klar gemacht. Facebook ist nicht sozial, sondern kommerziell und egoistisch. Das Geschäftsmodell von Facebook lautet schlicht und einfach:

Mark Zuckerberg will alles: jedes Kochrezept, jeden gesehenen Film, jeden gehörten Song. Geburten, Hochzeiten, Zeugnisse. Facebook soll zentrales Lebensarchiv all seiner Nutzer werden und Angelpunkt allen Medienkonsums. Die Pläne sind atemberaubend – und für manche Branche furchteinflößend. [Quelle Spiegel Online]

Damit steht dem kommerziellen Interesse von Facebook aber das überwiegend soziale Interesse der Nutzer, nämlich sich auf Facebook auszutauschen, Freunde zu gewinnen, online zu chatten und sich gegenseitig über Neues  zu informieren, frontal gegenüber.

Und genau dieser Aspekt, der wohl auch der Grund dafür ist, dass Werbung auf Facebook bei weitem nicht so effektiv ist, wie einst angenommen, könnte Mark Zuckerberg auf Dauer echte Probleme bereiten.

Womit soll Facebook Geld verdienen und die riesigen Gewinnerwartungen der Aktionäre befriedigen, wenn die Werbung nicht das bringt, was die Kunden sich davon versprochen haben. Facebook bietet alle Dienste kostenlos an, da ist also auch kein Geld zu verdienen.

Geld verdienen könnte man vielleicht mit Premium-Funktionen, die dem Nutzer nur gegen bare Münze zur Verfügung stehen. Da bei Facebook aber von Anfang an alles kostenlos war, ist dieser Zug wohl abgefahren und ich glaube, dass die weltweite Facebook-Community ein solches Geschäftsgebaren nicht akzeptieren würde.

Umsatz-Gewinn-Facebook

Eine Umsatzrendite von 26,95% in 2011 ist natürlich verdammt gut. Die durchschnittliche Umsatzrendite aller mittelständischen Unternehmen in Deutschland liegt bei rund 5% bis 6%. Selbst die Spitzenreiter kommen kaum auf mehr als 10 Prozent.

Aber wird Facebook es schaffen, diese Zahlen auch dauerhaft fortzuschreiben?

Ich bin da eher pessimistisch eingestellt, denn der oben beschriebene Widerspruch zwischen Motivation der Nutzer einerseits und Unternehmensziel von Facebook andererseits kann meines Erachtens auf Dauer nicht gut gehen.

Was sind die Facebook User eigentlich? Sind es Kunden von Facebook, oder vielleicht sogar indirekte Mitarbeiter? Wenn, dann höchstens Letzteres, denn nur die Aktivitäten der Nutzer halten Facebook am Leben.

Die Wahrheit ist: Für Facebook sind die User nur Mittel zum Zweck. Eine große Masse, der bis auf die Anmeldung und die möglichst umfangreiche Preisgabe von Daten, ansonsten keinerlei größere Beachtung geschenkt wird.

Attention Facebook: Such an attitude has been the doom of so many other players!

Um die eingangs gestellte Frage nun zu beantworten: Einiges deutet darauf hin, dass Facebook ein ähnliches Schicksal bevorsteht wie einst dem Portal Second Life. Einiges spricht aber auch dagegen.

Fakt ist, dass niemand heute über ausreichende Erfahrungswerte mit derartigen Internetportalen und deren Lebenszyklen verfügt. Daher kann auch niemand voraussagen, wie sich Facebook weiter entwickelt. Die, die es trotzdem tun, scheinen ihre Prognosen aus dem morgendlichen Kaffeesatz zu lesen.

Wer zum Schluss dieses Beitrages jetzt noch wissen möchte „ja lohnt es sich denn für mein Unternehmen bei Facebook dabei zu sein?„, dem kann ich zumindest sagen: „Es kann nicht schaden, wenn man es richtig macht“.

Läßt man einmal alle verkäuferischen Ambitionen aussen vor, so trägt eine Facebook-Präsenz dazu bei, den eigenen Sichtbarkeitsindex im Web zu erhöhen und hat damit meines Erachtens auch eine positive Wirkung auf das Ranking in den Suchmaschinen.

Und das hat ja bekanntlich noch niemanden geschadet.

Ich bin gespannt auf Ihre Meinung, liebe Leser/innen!